Nervensystem regulieren: 20 Tipps wie du deine Nerven beruhigst
Viele Jahre lang war mein Nervensystem vollkommen überreizt. Denn meine starken Ängste und der ständige innere Stress haben dafür gesorgt, dass ich quasi immer in Alarmbereitschaft war, immer unter Anspannung. Als könnte jederzeit der Säbelzahntiger auf mich draufspringen und ich muss schnell bereit sein, zu flüchten oder zu kämpfen. Jede Unregelmäßigkeit hat mich aus der Bahn geworfen und überfordert. An echte innere Entspannung war nicht zu denken.
Kommt dir das bekannt vor? Dann möchte ich dir in diesem Beitrag zeigen, warum es so wichtig ist, dass du dein Nervensystem regulieren kannst und welche konkreten Tipps dir helfen, dein Nervensystem zu beruhigen.
Inhalt:
- Warum ist es wichtig, ein reguliertes Nervensystem zu haben?
- Selbsttest: Habe ich ein dysreguliertes Nervensystem?
- Nervensystem regulieren: Was kann ich dafür tun?
- 20 Tipps, wie du dein Nervensystem regulieren kannst
- Das Nervensystem beruhigen bei Ängsten
Warum ist es wichtig, ein reguliertes Nervensystem zu haben?
Kurz gesagt: Ein reguliertes Nervensystem ist so wichtig, damit wir uns von den vielen alltäglichen Stresssituationen wieder erholen können und nicht in die dauerhafte Überforderung (bis hin zum Burn-out) geraten.
Du kannst dir das so vorstellen: Unser vegetatives Nervensystem setzt sich zusammen aus dem Sympathikus und dem Parasympathikus.
Der Sympathikus ist der Teil, der uns in Stresssituationen unter Strom setzt. Er sorgt beispielsweise dafür, dass
- Adrenalin ausgeschüttet wird,
- Herzfrequenz und Blutdruck steigen,
- die Magen- und Darmtätigkeit träger wird,
- sich unsere Pupillen weiten
Wir sind dann im Kampf- oder Flucht-Modus und angespannt und voller Energie.
Der Parasympathikus hingegen ist der natürliche Gegenspieler. Das parasympathische Nervensystem sorgt nämlich dafür, dass wir die Energie und Anspannung wieder abbauen und zurück in den Ruhezustand kommen.
Wenn unser Nervensystem reguliert ist, dann funktionieren Sympathikus und Parasympathikus wie die Bremse und das Gaspedal im Auto:
Der Sympathikus ist wie das Gaspedal, das den Körper aktiviert und auf Hochtouren bringt, wenn es notwendig ist. Der Parasympathikus hingegen ist wie die Bremse, die den Körper beruhigt und verlangsamt, wenn Ruhe und Erholung angesagt sind. Beide müssen in perfektem Zusammenspiel funktionieren, um das Auto sicher und effizient zu steuern – oder eben, um den Körper im Gleichgewicht zu halten.
Was passiert, wenn mein Nervensystem dauerhaft dysreguliert ist?
Bei einem dysregulierten Nervensystem funktioniert das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus nicht mehr richtig. Das bedeutet, dass der Körper nach einer Stressreaktion nicht mehr wirklich zur Ruhe kommt und das Nervensystem überaktiviert bleibt. Du fühlst dich dann also dauerhaft unter Anspannung und gestresst und kannst dich nicht richtig erholen.
Bei dauerhaftem Stress schüttet das Nervensystem dann nicht mehr „nur“ Adrenalin aus, sondern Cortisol und das kann uns auf Dauer körperlich krank machen und langfristig auch zu Schlafstörungen, Depressionen, Angstzuständen und zahlreichen weiteren körperlichen Symptomen von Angst & Stress führen.1
All das habe auch ich erlebt – bis hin zu meinem Burn-out im Jahr 2016. 😔
Test: Habe ich ein dysreguliertes Nervensystem?
Fragst du dich, woran du erkennen kannst, ob dein Nervensystem dysreguliert ist?
Die folgende Checkliste bietet dir 20 typische Anzeichen für ein dysreguliertes Nervensystem:
- Du bist ständig rastlos und kannst dich nicht entspannen.
- Deine Gedanken springen ständig hin und her und du machst immer mehrere Dinge gleichzeitig.
- Du bist oft leicht nervös und fühlst dich schnell gestresst.
- Du grübelst ständig über mögliche Katastrophen.
- Du erlebst häufig das Gefühl der Hilflosigkeit.
- Du fühlst dich oft überwältigt von alltäglichen Aufgaben.
- Du wirst schnell gereizt und reagierst heftig auf Kleinigkeiten.
- Deine Stimmung schwankt oft und ohne erkennbaren Grund.
- Du fühlst dich häufig antriebslos und hast keine Energie.
- Du hast Schwierigkeiten ein- oder durchzuschlafen.
- Du hast häufig Verdauungsprobleme wie Bauchschmerzen Verstopfung oder Durchfall.
- Du wirst oft krank und fühlst dich ständig angeschlagen.
- Du hast Schwierigkeiten, Freude oder Zufriedenheit zu empfinden.
- Du kannst dich nur schwer konzentrieren und bist leicht ablenkbar.
- Du fühlst dich emotional abgestumpft oder gleichgültig.
- Du verbringst viel Zeit damit, dich mit sozialen Medien oder anderen Reizen abzulenken.
- Du fühlst dich von dir selbst und anderen isoliert.
- Das Leben fühlt sich wie ein ständiger Kampf an.
- Du denkst oft in Extremen.
- Du hast chronische Muskelverspannungen im Nacken oder im unteren Rücken.
Wenn du dich hier in vielen Punkten wiedererkannt hast, dann schau dir diesen Video-Workshop an, in dem ich dir gemeinsam mit der Ärztin Dr. Jessica Klebe zeige
- wie das Nervensystem funktioniert,
- was genau dazu führen kann, dass das Nervensystem dysreguliert ist
- und vor allem: Wie du es schaffen kannst, dein Nervensystem wieder zu beruhigen
Zum Workshop: „Nervensystem beruhigen lernen“
Nervensystem regulieren: Was kann ich dafür tun?
Um dein Nervensystem wieder zu regulieren, ist vor allem eines wichtig: Du musst Stress abbauen und aktiv deinem Nervensystem zeigen: Es gibt keine Gefahr, es darf sich jetzt wieder entspannen. Dabei können dir Atemübungen in akuten Stresssituationen genauso helfen wie Körperübungen, bei denen du deinen Vagusnerv – und damit dein parasympathisches Nervensystem – stimulierst.
Langfristig hilft es aber vor allem, entspannungsfördernde Gewohnheiten in dein Leben zu bringen und dein Leben so umzustellen, dass du mehr von den Dingen tust, die dir Kraft geben und dich glücklich machen.
Im Folgenden stelle ich dir dazu 20 konkrete Tipps vor.
20 Tipps, wie du dein Nervensystem regulieren kannst
Sofort-Übungen für ein reguliertes Nervensystem
Tipp 1: Tiefe Bauchatmung
Setze dich bequem hin und atme durch die Nase tief in deinen Bauch hinein. Halte anschließend erst kurz den Atem an und atme dann ganz langsam durch den Mund wieder aus. Das Ausatmen sollte idealerweise doppelt so lange dauern, wie das Einatmen. Diese Übung aktiviert den Parasympathikus und beruhigt das Nervensystem.
Tipp 2: Vagusnerv stimulieren
Der Vagusnerv verläuft vom Hirnstamm im Kopf am Hals entlang bis hinunter in den Bauchraum. Er wird auch als „Ruhenerv“ bezeichnet, weil er zum Parasympathikus gehört und du über ihn direkt positiv auf dein Nervensystem Einfluss nehmen kannst.2
Spannede Übung: Um den Vagusnerv zu stimulieren, kannst du beispielsweise stark gähnen. Öffne dazu den Mund ganz weit und versuche, ein „R“ zu sprechen ohne den Mund weiter zu schließen. Mache das 4 Mal. Das sollte dich dazu bringen, tief zu gähnen und so deinen Parasympathikus zu aktivieren.
Tipp 3: Raus in den Wald
Verbringe möglichst viel Zeit im Grünen – am besten direkt im Wald! Denn Studien3 belegen, dass Waldbaden sich positiv auf unseren Stresslevel auswirkt und die Konzentration des Stresshormons Cortisol nachweislich durch Spaziergänge im Wald gesenkt wird.
Tipp 4: Achtsamkeit
Achtsamkeitsübungen helfen dir, Stress abzubauen und das Nervensystem zu regulieren. Fokussiere dich dazu auf den gegenwärtigen Moment, indem du ganz bewusst deine Umgebung wahrnimmst. Ich persönlich verbinde es gerne mit einem Spaziergang. Probier es doch auch mal aus, aktiviere bei deinem Spaziergang alle deine Sinne, und achte bewusst auf Geräusche, Gerüche, auf visuelle Eindrücke und Empfindungen.
Tipp 5: Ätherische Öle
Verwende ätherische Öle wie Lavendel oder Kamille, um dich zu beruhigen und dein Nervensystem zu entspannen.
Tipp 6: Summen
Summen aktiviert den Vagusnerv, der eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem hat. Außerdem hilft das Summen dabei, die Atmung zu verlangsamen und dich zu entspannen. Ommmmm!
Tipp 7: Akupressur
Eine meiner liebsten Übungen gegen Herzstolpern und andere Angstsymptome war diese: Umfasse deine Hand so, dass du mit dem Daumen die tiefste Stelle deiner Handinnenfläche finden kannst. Massiere diesen Punkt dann mit kreisenden Bewegungen. Mir hat dieser sogenannte „Notfallpunkt“ schon oft geholfen, mich bei Stress und Ängsten zu beruhigen.
Tipp 8: Phantasiereise
Reise in Gedanken an einen Ort, den du mit Entspannung und Frieden verbindest, und tanke dort innere Ruhe und Energie. Auch eine Phantasiereise kann dir gut helfen, Stress abzubauen und das Nervensystem zu beruhigen.
Tipp 9: Bewege dich
Ein kurzer Spaziergang oder sanftes Dehnen kann dir helfen, Anspannung abzubauen und dein Nervensystem zu beruhigen. Meine persönliche Empfehlung: Tanz zu deiner Lieblingsmusik. Das ist wunderbar, um Stress abzubauen und zaubert dir
Tipp 10: Meditation
Meditieren ist für viele von uns nicht ganz einfach – aber trotzdem super wirksam gegen innere Unruhe: Setz dich in eine bequeme Position und konzentriere dich auf deinen Atem. Versuche, deine Gedanken einfach an dir vorbeiziehen zu lassen und im Moment zu bleiben.
Langfristige Tipps für ein reguliertes Nervensystem
Tipp 11: Tu dir Gutes!
Vielleicht der wichtigste Tipp, um Stress abzubauen und ausgeglichener zu werden: Bringe viel von den Dingen in dein Leben, die dich glücklich machen und dir Energie schenken, und lerne Nein zu sagen zu dem, was dir nicht guttut.
Tipp 12: Gesunde Ernährung
Eine gesunde Ernährung unterstützt die Funktion des Nervensystems und trägt zu einem ausgeglichenen Hormonhaushalt bei. Deine Mineralstoffspeicher an Magnesium, Calcium und Kalium sollten immer gut gefüllt sein. Trinke mindestens 1,5 – 2 Liter Wasser oder ungesüßten Tee täglich – Koffein und Alkohol hingegen darfst du besser von deinem Ernährungsplan streichen. Wenn du mehr über die Auswirkungen deiner Ernährung auf Stress erfahren möchtest, dann kann ich dir diesen Video-Workshop empfehlen: Ernährung bei Angst & Stress
Tipp 13: Entspannungsfördernde Gewohnheiten
Praktiziere regelmäßig Yoga, Meditation, Autogenes Training oder andere Techniken und Übungen, die dir helfen, dich zu entspannen und deinen Stress abzubauen. Diese Entspannungsmethoden helfen dir auch langfristig, widerstandsfähiger gegen Stress zu werden.
Tipp 14: Zeit für dich und deine Interessen
Nimm dir bewusst Zeit für dich und deine Selbstfürsorge. Nimm entspannende Bäder oder geh ins Spa. Bastle mal wieder etwas oder mache Musik. Geh aus oder nimm dir einfach mal wieder Zeit für ein gutes Buch. Auf diese Weise stärkst du dein Wohlbefinden und damit auch die Widerstandsfähigkeit deines Nervensystems.
Tipp 15: Journaling
Befreie deinen Kopf von all den vielen Gedanken, Sorgen und To-dos! Egal, ob du einfach nur überall Notizen hinterlässt, kreative Texte schreibst oder ein Tagebuch führst: Journaling ist eine wunderbare Methode, um Stress abzubauen und innere Ruhe zu finden.
Tipp 16: Regelmäßige Bewegung
Integriere regelmäßige körperliche Aktivität in deinen Alltag. Wenn du ein Sportmuffel bist, dann überlege dir vielleicht, in Zukunft zumindest weniger mit Auto und Bahn zu fahren und stattdessen zu laufen oder das Fahrrad zu nehmen. Bewegung und Sport fördert die Freisetzung von Endorphinen und hilft dir dabei, das Nervensystem langfristig zu stärken.
Tipp 17: Pflege deine sozialen Kontakte
Verbringe möglichst viel Zeit mit Menschen, die dir guttun. Denn Zeit mit deinen Liebsten zu verbringen, macht dich glücklich, hilft Stress abzubauen und stärkt deine Resilienz.
Tipp 18: Gesunder Schlaf
Ein guter Schlaf ist essenziell für die Regeneration des Nervensystems. Achte auf ausreichend und regelmäßigen Schlaf. Versuche dazu, immer ungefähr zu derselben Zeit ins Bett zu gehen und wieder aufzustehen. Tipp zum besseren Einschlafen: Mindestens 30 Minuten lang vor dem zu Bett gehen auf Bildschirme verzichten.
Tipp 19: Positive Affirmationen
Affirmationen sind Botschaften, die du dir selbst sagst, um deine Gedanken und deine Gefühle positiv zu beeinflussen. Auf diese Weise kannst du dich darin unterstützen, dir Pausen zuzugestehen, besser für dich selbst zu sorgen oder dich zu motivieren. Hier findest du meine Auswahl an Affirmationen für mehr Selbstliebe
Tipp 20: Zeitmanagement
Plane deine Zeit effektiv, plane ausreichend Ruhezeiten ein, setze Prioritäten und lerne, To-dos zu delegieren. Gutes Zeitmanagement kann helfen, Stress zu reduzieren.
Wichtig ist aber zu verstehen: Es hilft dir alles, was dir guttut. Denn immer dann, wenn du in deinem Element bist, wenn du gut für dich sorgst und Dinge tust, die dir Spaß machen, stärkst du deine Stress-Resilienz.4 So kannst du immer besser den Alltag bewältigen, dein Wohlbefinden steigern und Innere Ruhe in deinen Geist bringen.
Das Nervensystem beruhigen bei Ängsten
Gerade Menschen mit Ängsten haben meist ein Nervensystem, das völlig außer Kontrolle geraten ist. Sie stehen ständig unter Strom, sind dauerhaft angespannt und können nur ganz schlecht abschalten und zur Ruhe finden.
Und in der Folge dieses dysregulierten Nervensystems spüren die Betroffenen dann noch mehr Stress, noch mehr Ängste, noch mehr Anspannung – inklusive all der belastenden körperlichen Symptome, die Stress und Angst mit sich bringen.
Deshalb ist eines ganz besonders wichtig, wenn du deine Ängste dauerhaft loslassen möchtest: Dass du lernst, dein Nervensystem zu regulieren und wieder in die Entspannung zu finden.
Für alle, die an Ängsten leiden, habe ich gemeinsam mit Dr. Jessica Klebe meinen Online-Workshop „Das Nervensystem beruhigen lernen“ entwickelt.
Darin wirst du eine Menge darüber erfahren, was bei Stress und Ängsten in dir drin passiert, weil dieses umfassende Verständnis einfach so hilfreich ist. Aber vor allem zeigt dir Jessica als Expertin für Nervensystemregulierung auch, welche Methoden dir am besten weiterhelfen können und was für dich wichtig ist, um dauerhaft aus dem Alarmzustand deines Körpers herauszukommen und dein Nervensystem zu beruhigen.
Sodass du endlich wieder innere Ruhe und Sicherheit spüren kannst, statt ständig vollkommen angespannt und gestresst zu sein.🙏🏼
Hier findest du alle Informationen zum Workshop
Alles Liebe für dich!
Deine Christina
Meine Lese-Tipps für dich
Quellen
- Chu B, Marwaha K, Sanvictores T, Awosika AO, Ayers D. Physiology, Stress Reaction. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; May 7, 2024. ↩︎
- Jörg Fuhrmann: „Vagusnerv – der Selbstheilungsnerv“ gefunden in: AMM – Akadiemie für menschliche Medizin, zuletzt abgerufen am 28. Mai 2024 ↩︎
- Park, B.J.; Tsunetsugu, Y.; Kasetani, T.; Kagawa, T:; Miyazaki, Y. (2010): The physiological effects of Shinrin-yoku (taking in the forest atmosphere or forest bathing): evidence from field experiments in 24 forests across Japan. Environmental health and preventive medicine 15 (1), S. 18–26 ↩︎
- Pressman SD, Matthews KA, Cohen S, et al. Association of enjoyable leisure activities with psychological and physical well-being. Psychosom Med. 2009;71(7):725-32. doi:10.1097/PSY.0b013e3181ad7978 ↩︎
Kaslauskas
Hallo Christina, vielen Dank ich lese sehr gerne und finde sehr gute Vorschläge