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Grenzen setzen und Nein sagen lernen

Grenzen setzen: Mit diesen Tipps fällt es dir leichter

Fällt es dir schwer, Grenzen zu setzen zwischen dir und anderen und auch mal Nein zu sagen? Fühlst du dich auch oft schlecht, weil du etwas (für andere) tust, was du eigentlich nicht tun möchtest?

Das kenne ich! Früher habe ich viel zu häufig „Ja“ gesagt, obwohl ich eigentlich lieber „Nein“ gesagt hätte. Habe unfreiwillig Überstunden geschoben und war sauer – sowohl auf mich selbst als auch auf meinen Chef. Habe zum wiederholten Male Verabredungen zugestimmt, obwohl ich eigentlich lieber zu Hause geblieben wäre. Oder mich zu etwas drängen lassen, weil ich dachte, meinen Partner sonst zu vergraulen.

Fühlst du dich ertappt? Lies in diesem Artikel, welche Arten persönlicher Grenzen unterschieden werden, weshalb es uns oft so schwer fällt, „Nein“ zu sagen und wie es dir doch gelingen kann, dich auf gesunde Weise abzugrenzen.

Was definiert unsere persönlichen Grenzen?

Mit den persönlichen Grenzen meine ich die physischen, emotionalen und mentalen Grenzen, die einen Menschen definiert, um seine persönliche Integrität, Autonomie und sein Wohlbefinden zu schützen. Diese Grenzen dienen dazu, einen Raum zu schaffen, der es uns ermöglicht, unsere eigenen Bedürfnisse, Überzeugungen, Gefühle und Entscheidungen zunächst einmal selbst wahrzunehmen, zu respektieren und zu wahren, indem wir sie nach außen hin kommunizieren.

Du kannst dir deine persönlichen Grenzen vorstellen wie unsichtbare Linien, die festlegen, wie weit du anderen Menschen erlaubst, in dein Leben einzutreten, ihnen Entscheidungen überlässt und wie viel von dir du mit anderen teilen möchtest (oder eben nicht).

Wir können unsere persönlichen Grenzen unter unterschiedlichen Aspekten betrachten:

Körperliche Grenzen beispielsweise beziehen sich auf den physischen Raum um uns herum. Sie legen etwa fest, ob du dich gerne umarmen lässt, in welchem Abstand zu anderen Menschen du dich wohl fühlst oder ob du dein persönliches Eigentum teilen möchtest.

Wie viel emotionale Intimität oder Nähe wir zulassen und welche Emotionen wir mit anderen teilen, zeigen uns unsere emotionalen Grenzen.

Auch unser Geist hat Grenzen: Die mentalen Grenzen bestimmen, wie viel Einfluss oder Widerspruch auf unsere Gedanken, Überzeugungen, Meinungen und Standpunkte wir von anderen Menschen akzeptieren.

Und dann sind da noch die zeitlichen Grenzen, die uns erkennen lassen, wie viel Zeit uns Energie wir für uns selbst und für andere aufbringen können und möchten.

Die persönlichen Grenzen unterscheiden sich von Mensch zu Mensch und sind sehr individuell zu betrachten. Sie werden durch persönliche Erfahrungen, Werte, Kultureinflüsse und die individuelle Persönlichkeit geprägt. Zudem sind sie flexibel und können sich im Laufe der Zeit ändern. Was vor einem, drei oder zehn Jahren galt, kann sich heute ganz anders anfühlen – und das ist total normal und okay!

Warum fällt uns Grenzen setzen so schwer?

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen Schwierigkeiten haben können, ihre persönlichen Grenzen angemessen zu kommunizieren. Unsere Lebenserfahrungen beeinflussen uns ganz unterschiedlich, so können manche Gründe auf dich zutreffen und andere gar nicht, während das bei deinen Mitmenschen ganz anders sein kann. Berücksichtige nach Möglichkeit immer die Geschichte deines Gegenübers, um die Gründe für dessen Abgrenzungsverhalten zu verstehen.

Die Generation unserer Großeltern und Urgroßeltern etwa ist und war eine Kriegsgeneration. Hier galt es, zu funktionieren, um zu überleben. Für Selbstreflexion gab es wenig bis keinen Raum. So haben manche Menschen Schwierigkeiten, ihre eigenen Bedürfnisse, Präferenzen und Grenzen zu erkennen und zu verstehen. Das kann es schwer machen, klare Grenzen zu setzen und zu kommunizieren. Auch können traumatische Erlebnisse (wie etwa Kriegsgeschehen) dazu führen, dass wir anderen Menschen schneller Misstrauen und unsere wahren Bedürfnisse und Gefühle deshalb lieber für uns behalten.

Auch die Angst vor Ablehnung oder anderen negativen Reaktionen kann dazu führen, dass Menschen zögern, ihre Bedürfnisse auszudrücken. Sie wollen möglicherweise Konflikte vermeiden oder haben Angst davor, nicht akzeptiert oder gemocht zu werden. In meinem Fall war es zum Beispiel so, dass ich das Gefühl fürchterlich fand, nicht dazuzugehören, und deshalb alles tat, um es zu vermeiden. Klar ging ich dann mit auf die Party oder zu der Verabredung, obwohl ich lieber zu Hause geblieben wäre – denn meine Angst davor, am Rande der Gemeinschaft zu vereinsamen, war übermächtig. 

Soziale Erwartungen spielen hier ebenfalls eine große Rolle. Ist es gesellschaftlich anerkannt, sich regelmäßig auf Partys oder ähnlichen Veranstaltungen zu zeigen, um dazuzugehören, oder geben einem die eigenen Eltern oder Großeltern (meist absolut unbewusst!) das Gefühl, nur geliebt zu werden, wenn bestimmte Erwartungen (z.B. die Beteiligung im Haushalt) erfüllt werden, führt das häufig dazu, dass wir unsere persönlichen Bedürfnisse und damit unsere Grenzen zugunsten der Bedürfnisse der anderen vernachlässigen.

Hinzu kommt, dass Menschen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl dazu neigen, ihre eigenen Bedürfnisse als weniger wichtig zu betrachten und Schwierigkeiten haben, diese selbst deutlich wahrzunehmen. Dies führt häufig auch zu einer erhöhten Konfliktscheue: Wir gehen oft lieber Kompromisse ein, um Konfrontationen zu vermeiden, anstatt zu unseren tatsächlichen Bedürfnissen zu stehen und diese – auch uns selbst gegenüber – einzugestehen.

Auch unsere kulturellen Hintergründe können die Art und Weise beeinflussen, wie Menschen ihre Bedürfnisse ausdrücken. In einigen Kulturen ist es vielleicht weniger üblich, persönliche Grenzen direkt zu kommunizieren. Ein Mangel an Kommunikation bzw. effektiven Kommunikationsfähigkeiten kann es schwierig machen, Bedürfnisse und Grenzen klar zu formulieren. Dies kann Missverständnisse oder Konflikte verursachen.

Du siehst: Die Gründe für mangelnde Angrenzung können total verschieden sein und unterliegen oft komplexen Zusammenhängen. Das Bewusstsein für die jeweiligen Gründe (sowohl bei dir selbst als auch bei anderen) und die Bereitschaft, an der Entwicklung von Selbstkenntnis und an deinen Kommunikationsfähigkeiten zu arbeiten, können dabei helfen, dich selbst und dein Gegenüber besser zu verstehen und damit gesündere zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen.

Warum ist Nein sagen so wichtig?

Wenn wir uns abgrenzen und in der Lage sind, „Nein“ zu sagen, hat dies einen positiven Einfluss auf verschiedene Aspekte unseres Lebens. Ein „Nein“ zu anderen ist immer ein „Ja“ zu dir selbst!

Das Setzen von persönlichen Grenzen und das Ablehnen von Dingen, die nicht deinen Werten entsprechen oder dir sogar schaden können, fördert deine Selbstachtung und dein Selbstwertgefühl. Du lernst, dich selbst zu respektieren und deine Bedürfnisse als wichtig zu betrachten. Außerdem gibt dir das die Möglichkeit zur Selbstbestimmung, was eines der menschlichen Grundbedürfnisse darstellt.

Ein „Nein“ ermöglicht dir also, bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, wie du dein Leben gestalten möchtest, anstatt einfach den Erwartungen anderer zu folgen. Diese Form der Selbstpflege ermöglicht dir, Zeit und Raum für dich selbst zu schaffen, um auf deine körperlichen und emotionalen Bedürfnisse zu achten und auf sie einzugehen. Indem du dich abgrenzt und Nein sagst, schützt du dein emotionales Wohlbefinden.

Du vermeidest Überlastung, Stress und die Erschöpfung, die durch die Übernahme zu vieler Verpflichtungen oder ungesunder Beziehungen entstehen können. Damit ergreifst du also aktive Gesundheitsprävention: Nein sagen schützt vor Burnout! Es ermöglicht dir, deine Energie auf die Dinge zu konzentrieren, die dir wichtig sind, anstatt dich in zu vielen To Dos zu verzetteln, die andere dir aufdrücken. Hätte ich das Grenzen setzen früher gelernt, hätte ich mein Burnout sicherlich selbst vorbeugen können.

Das Setzen von klaren Grenzen und das Aussprechen des Wörtchens „Nein“ ermöglicht dir zudem eine effektive Kommunikation. Es hilft anderen, deine Grenzen zu verstehen und anzuerkennen, und fördert eine offene und respektvolle Kommunikation in deinen zwischenmenschlichen Beziehungen. Dadurch können deine Verbindungen zu anderen auf gesundem Boden wachsen und gedeihen. So erlaubst du dir selbst und auch deinem Gegenüber, gemeinsam neue Erfahrungen zu sammeln und euch auf positive Weise weiterzuentwickeln. Ihr könnt euch gegenseitig dazu ermutigen, eure Grenzen zu wahren, und euch in der Reaktion gegenseitig beweisen, dass es – entgegen dem, was die meisten von uns von Kindesbeinen an gelernt haben – total okay ist, NICHT jedes Wochenende feiern zu gehen, NICHT ständig Überstunden zu schieben und dir auch mal einen Auszeit zu nehmen, sei es als Elternteil, Tochter, Freundin, Angestellte oder Arbeitskollegin.

Entgegen dem, was leider immer noch häufig als Reaktion kommt, ist das Setzen von Grenzen und das Aussprechen von „Nein“ nicht etwa egoistisch, sondern vielmehr ein gesunder Ausdruck von Selbstachtung und Selbstfürsorge. Wenn du die bewusste Entscheidung triffst, dir heute einen Tag (oder auch nur zehn Minuten) Auszeit zu nehmen, kannst du morgen (oder in zehn Minuten) wieder mit vollem Herzen und mehr Energie für die anderen da sein. Dabei ist von zentraler Bedeutung, ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen anderer und deinen eigenen Bedürfnissen zu finden.

9 Tipps: Wie gesunde Abgrenzung gelingen kann

Um dir zu helfen, endlich Nein sagen zu lernen, möchte ich dir einige wesentliche Lektionen an die Hand geben, die ich auf meinem eigenen Weg zu gesunder Abgrenzung bereits lernen durfte:

  1. Übe dich in Selbstreflexion: Reflektiere regelmäßig über deine eigenen Bedürfnisse und Prioritäten. Überlege, welche Verhaltensweisen oder Situationen deine Grenzen verletzen. Erkenne dadurch deine eigenen Grenzen und sei ehrlich zu dir selbst darüber, was für dich akzeptabel ist und was nicht. Wenn du dir darüber bewusst bist, wo deine Grenzen liegen, wird es dir deutlich leichter fallen, diese auch zu kommunizieren.
  2. Schaffe Klarheit über deine persönlichen Werte: Identifiziere deine persönlichen Werte und Überzeugungen, da sie als Leitprinzipien für das Setzen von Grenzen dienen können. Überlege, welche Dinge dir im Leben wirklich wichtig sind, und richte deine Entscheidungen danach aus. Wenn du nicht nach deinen eigenen Werten handelst, wird dich das immer wieder in einen inneren Konflikt stürzen, wenn jemand Dinge von dir erwartet, die dem entgegen stehen. Bist du dir jedoch im Klaren darüber, welche deine Werte sind, kannst du diese mit voller Integrität vertreten.
  3. Entwickle deine Kommunikationsfähigkeiten: Lerne, klar und direkt zu kommunizieren. Vermeide vage Ausdrücke und sei konkret in dem, was du möchtest oder nicht möchtest. Übe das Ausdrücken deiner Gefühle und Bedürfnisse, ohne dabei aggressiv zu sein. Verwende „Ich“-Aussagen, um Verantwortung für deine eigenen Empfindungen und Bedürfnisse zu übernehmen.
  4. Lerne, „Nein“ zu sagen: Akzeptiere, dass es in Ordnung ist, „Nein“ zu sagen. Es ist nicht deine Aufgabe, jede Anfrage zu erfüllen oder jede Verpflichtung einzugehen. Achte darauf, deine Ablehnung klar und respektvoll zu formulieren. Du kannst erklären, warum du „Nein“ sagst, aber du bist nicht verpflichtet, dich endlos zu rechtfertigen und über dein „Nein“ zu diskutieren.
  5. Sei konsequent: Definiere klare Grenzen für dich selbst und teile sie anderen mit. Sei spezifisch in Bezug auf das, was für dich akzeptabel ist und was nicht. Sei konsequent in der Durchsetzung deiner Grenzen. Konsistenz hilft dabei, Respekt für deine Bedürfnisse aufzubauen.
  6. Setze gesunde Prioritäten: Identifiziere deine Prioritäten und richte deine Zeit und Energie danach aus. Lerne, dich auf das zu konzentrieren, was für dein Wohlbefinden und deine persönliche Entwicklung am wichtigsten ist.
  7. Vertraue dir selbst: Selbstsichere Menschen neigen eher dazu, gesunde Grenzen zu setzen. Erinnere dich daran, dass es in Ordnung ist, für deine eigenen Bedürfnisse einzustehen und deine Meinung zu vertreten. Übe, deinem Bauchgefühl zu vertrauen, anstatt dir von anderen rein reden zu lassen.
  8. Suche nach Unterstützung: Sprich mit Freunden, Familienmitgliedern oder deiner therapeutischen Begleitung über deine Herausforderungen beim Setzen von Grenzen. Manchmal kann es hilfreich sein, von anderen zu lernen oder Unterstützung zu erhalten. Auch wirst du merken, dass du nicht alleine bist – wir alle haben hin und wieder sehr ähnliche Schwierigkeiten, glaub mir. Dich verletzlich zu machen, ist nichts schlechtes, sondern ein Zeichen dafür, dass du deinem Gegenüber vertraust.
  9. Akzeptiere Veränderungen: Sei bereit, deine Grenzen anzupassen, wenn sich deine Lebensumstände ändern. Es ist normal, dass sich Grenzen im Laufe der Zeit entwickeln. Genauso normal ist es auch, wenn Menschen sich mit der Zeit aus deinem Leben verabschieden, sobald du anfängst, für deine Grenzen einzustehen. Akzeptiere, dass sie nicht mehr Teil deines Lebens sein können, wenn sie deine Grenzen nicht respektieren. Für jeden Menschen, der geht, werden neue Menschen in dein Leben treten, die deine Grenzen respektieren werden.

Das Setzen gesunder Grenzen ist ein fortlaufender Prozess, der Zeit und Übung erfordert. Übe dich in Geduld mit dir selbst und arbeite kontinuierlich an der Entwicklung und Aufrechterhaltung gesunder Grenzen. Du wirst sehen: Mit der Zeit wird es dir immer besser gelingen. Bleib dran!

Ich hoffe, mit meinen Tipps gelingt es dir bald, dich besser abzugrenzen und dein „Nein“ klar und deutlich zu formulieren. Du verdienst es, dass deine Grenzen geachtet werden!

Fühl dich von Herzen umarmt – wenn du möchtest. Und denke daran: Dein „Nein“ zählt!

Deine Christina

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